Freitag, Februar 23, 2007

Wie viel Arzt verdient der Patient? Parallelnarkosen gefährden Patientenleben

Hamburg - Die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin(DGAI) lehnt die - auch nur zeitweilige - Betreuung von Patienten währendder Narkose durch Medizinische Assistenten für Anästhesiologie (MAfA) striktab. Bei über acht Millionen Narkosen im Jahr könne der Kostendruck imGesundheitswesen nicht mit der Einschränkung medizinischer Leistungeneinhergehen, so Professor van Aken, Präsident der DGAI und Direktor derKlinik und Poliklinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin amUniversitätsklinikum Münster im Vorfeld des Deutschen Anästhesiecongressesin Hamburg.Schwere Anästhesiezwischenfälle sind selten, aber wenn sie auftreten, dannhandelt es sich häufig um lebensbedrohliche und gefährliche Krisen. Insolchen Situationen ist fachärztliches Know-how unabdingbar, um drohendenSchaden vom Patienten abzuwenden. Oft liegt zwischen dem Erkennen eines sichankündigenden Zwischenfalls und dessen Beherrschen nur wenige Minuten, sodie Experten der DGAI. Ist der Anästhesist, wie im "MAfA-Konzept"vorgesehen, in Rufweite, beispielsweise in einem anderen Operationssaal,fehlen diese lebenswichtigen Minuten. "Hinzu kommt, dass die erstenAlarmzeichen einer Komplikation oft nicht erkannt werden und der Anästhesistoft auch nicht gerufen wird. Man darf nie vergessen, dass auchRoutineeingriffe nie ganz risikolos sind. Hat der Arzt bei einemZwischenfall sogar zwischenzeitlich den OP verlassen, dann liegt außerdemein schwerer Kunstfehler vor", sagt van Aken. "Anästhesie-Führung erforderteine kontinuierliche Überprüfung von Diagnosen und Therapie. Auchmedizinische Risiken müssen bei einer Abwägung berücksichtigt werden. Dasfällt eindeutig in den Kernbereich ärztlicher Tätigkeit", erläutert derPräsident der DGAI.Die Berufung auf ein "Schweizer Modell" oder Erfahrungen anderer Länder, woParallelnarkosen historisch gewachsen sind, hält van Aken für äußerstbedenklich: "Ob Anästhesien in diesen Ländern gefährlicher oder gar sicherersind als in Deutschland, ist nicht untersucht", so van Aken in einem Artikelder Fachzeitschrift AINS "Anästhesiologie Intensivmedizin NotfallmedizinSchmerztherapie". Auch ein gelegentlich gezogener Vergleich mit den USAhinke. Dort werden an vielen Kliniken Narkosen von CRNA-Fachschwestern, alsoCertified Registered Anesthesia Nurses, durchgeführt, mit guten Ergebnissen,wie van Aken berichtet. Doch diese verfügten anders als die MedizinischenAssistenten für Anästhesiologie über eine mehrjährige universitäreAusbildung und sie würden auch in den Kliniken besser trainiert als MAfAs inDeutschland. Professor van Aken vergleicht tödliche Narkosezwischenfälle mitFlugzeugabstürzen. In der Luftfahrt käme niemand auf die Idee, den Pilotendurch weniger qualifiziertes Personal zu ersetzen. Dies sollte auch imOperationssaal so sein, wo der Anästhesist mit dem Operateur die wichtigsteSchlüsselperson für die Sicherheit und das Leben der Patienten ist. TERMINHINWEIS:Delegation ärztlicher Leistungen - Wie viel Arzt verdient der Patient?DAC; 5. Mai 2007, 12.30 - 14.30 Uh, Raum 4, CCH HamburgQUELLE:Th. Prien, E. Biermann, H. van Aken, Parallelverfahren in der Anästhesie: Jaoder Nein?; AINS - Anästhesiologie Intensivmedizin NotfallmedizinSchmerztherapie 1-2007, Georg Thieme Verlag, Stuttgart (PDF)