Donnerstag, Februar 01, 2007

Stärkung der Klinischen Forschung in Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin fordert

Stärkung der Klinischen Forschung in Deutschland

Berlin - Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) sieht die
universitäre klinischen Forschung in Deutschland in einem Dilemma:
Wissenschaft gilt als entscheidende Perspektive für die Zukunft. Die
Vielfalt an sinnvollen, qualitativ hochwertigen Programmen ist groß.
Trotzdem sei laut DGIM die klinische Forschung häufig zum Scheitern
verurteilt, da die Forschenden selbst immer stärker belastet und
schlechter bezahlt sind. Experten der DGIM diskutierten dies heute im
Rahmen einer Pressekonferenz in Berlin.



Klinische Forschung an universitären Einrichtungen umfasst vor allem
Forschung am und für den Patienten. Dazu gehört einerseits kliniknahe
Grundlagen­forschung. Diese untersucht, welche Abläufe dazu führen, dass
Krankheiten entstehen. Andererseits dienen klinische Studien dazu,
Vorbeugung, Früherkennung, Diagnostik und Therapie von Erkrankungen zu
entwickeln und zu prüfen. "Tatsächlich sind viele der derzeit
initiierten Programme grundsätzlich dazu geeignet, diese hohen Ziele zu
erreichen", sagt Professor Dr. med. Wolfgang Hiddemann, Vorsitzender der
DGIM. Exzellenz-Initiativen, oder Kompetenz-Netze zum Beispiel
verfolgten den richtigen Ansatz: Sie vergeben Mittel für klinische
Forschung entsprechend bestimmten Qualitätskriterien an ausgewiesene
Arbeitsgruppen. Gesetze und Verordnungen erschwerten jedoch erheblich
die praktische Umsetzung, meint der Direktor der Medizinischen Klinik
und Poliklinik III am Klinikum der Ludwig-Maximilian-Universität in
München.

Laut DGIM behindert vor allem das neue Hochschulrahmengesetz die
klinische Forschung an Universitäten in Deutschland - die letzte
Änderung trat mit dem 1. Januar 2007 in Kraft. Die Verordnung hat unter
anderem die Rahmenbedingungen für Führungskräfte neu festgelegt: Die
W-Besoldung löst die C-Besoldung ab. Nimmt ein habilitierter, klinisch
erfahrener Oberarzt eine W2-Professur an, verringert sich sei
Grundgehalt um 600,- Euro. Zudem fallen Vergütungen für
Dienstbereitschaft und Überstunden ersatzlos weg. "Was also sollte diese
Kollegen dazu motivieren, eine wissenschaftliche Karriere fortzusetzen
und eine Professorenstelle anzutreten?", gibt der Kongresspräsident der
diesjährigen 113. Jahrestagung der DGIM zu bedenken. Schon jetzt sei ein
deutlicher Rückgang des medizinischen Nachwuchses an
Universitätskliniken zu verzeichnen. Nur noch ein vergleichsweise
kleiner Teil der Bewerber habe Interesse an medizinischer Forschung und
einer universitären Karriere.

Dies verdeutliche ein zentrales Dilemma: "Alle noch so sinnvollen
Programme zur Stärkung der klinischen Forschung an den Universitäten
werden daran scheitern, dass diejenigen, die diese Forschung machen
sollen und machen wollen, substantiell demotiviert und desillusioniert
werden", so Professor Hiddemann. Um das zweifelsohne vorhandene große
Potenzial universitärer klinischer Forschung in Deutschland zu nutzen,
benötigten junge, aufsteigende Wissenschaftler den entsprechenden
Rückhalt aus Bundes- und Landespolitik.