Mittwoch, Februar 07, 2007

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie kritisiert erneut Gewebegesetz der Bundesregierung und bietet Lösungen an


Berlin - Mit dem derzeit vom Bund vorgesehenen "Gewebegesetz" werden
Gewebe­transplantationen erheblich erschwert. Im Rahmen einer Anhörung vor
dem Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages im März warnt die DGCH
deshalb erneut vor den Folgen des geplanten "Gesetzes zur Qualität und
Sicherheit von menschlichen Geweben und Zellen bei der medizinischen
Nutzung". In einer aktuellen Stellungnahme empfiehlt die Fachgesellschaft
der Chirurgen dringend, ihre Vorschläge bei der weiteren Gesetzgebung zu
berücksichtigen.

Nach dem Gesetzentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG), soll der
Umgang mit menschlichen Zellen und Geweben in Deutschland zukünftig dem
Arzneimittelgesetz (AMG) unterliegen. Bevor etwa in einer Klinik entnommene
Knochen, Blutgefäße oder Herzklappen auf die Reise zum Empfänger gehen,
müssen sie wie ein Arzneimittel zugelassen sein. Kliniken, die Gewebe
entnehmen, aufbewahren und abgeben, stellt das geplante Gesetz damit
Pharmafirmen gleich: Es fordert Zulassungspflicht und Herstellungserlaubnis.
Das BMG geht damit deutlich über vorgegebene einheitliche EU-Standards
hinaus. Bereits früher von Seiten der DGCH eingebrachte Änderungsvorschläge
hat das Ministerium in einem überarbeiteten Gesetzesentwurf kaum
berücksichtigt.

"Der damit weiterhin verfolgte Weg ist regelungsfremd, überbürokratisiert
und erzeugt Zusatzkosten für medizinische Einrichtungen, Krankenkassen und
Länder", sagt Professor Dr. med. Hartwig Bauer, Generalsekretär der DGCH in
Berlin. Personal- und Sachkosten beispielsweise würden extrem hoch - unter
anderem durch aufwendige Überwachungs- und Meldesysteme. "Vor allem aber
birgt dieses Vorgehen die Gefahr, die Patientenversorgung zu beeinträchtigen
und durch strenge Restriktionen im Umgang mit Zellen und Geweben die Chancen
der deutschen Gewebemedizin in der internationalen Forschungslandschaft zu
mindern", so Professor Bauer.

Die DGCH rät unter anderem dazu, unbearbeitete Gewebe wie Knochen,
Blutgefäße oder Herzklappen generell dem Transplantationsgesetz (TPG) zu
unterstellen. Dienen Gewebe- und Zellentnahmen der Entwicklung neuer
Therapien, seien diese ebenso zu handhaben, gegebenenfalls auch gesondert zu
regeln. Erst die weitere Be- und Verarbeitung von Geweben oder Zellen zur
Herstellung neuer Therapeutika sollte dem Arzneimittelgesetz unterstehen.

Wegen der überzogenen Auflagen des BMG sei laut DGCH eine sinnvolle
Umsetzung der maßgeblichen EG-Richtlinien bisher nicht eingetreten. Im
Rahmen einer mündlichen Anhörung vor dem Gesundheitsausschuss des Deutschen
Bundestages am 7. März 2007 in Berlin wird die DGCH mit ihren
Mitgliedsgesellschaften* ihre Position darstellen. Mit ihrer von Dr. med.
Christoph Gaissmaier von der Berufgenossenschaftlichen Unfallklinik Tübingen
erarbeiteten und dem BMG vorab zugeleiteten Stellungnahme legen die
chirurgischen Fachgesellschaften einen differenzierten, rechtskonformen und
praktikablen Lösungsansatz vor.

Die vollständige Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie
(DGCH) zum Gesetzentwurf der Bundesregierung über Qualität und Sicherheit
von menschlichen Geweben und Zellen (Gewebegesetz) erhalten interessierte
Journalisten auf Wunsch bei der Pressestelle der DGCH oder online unter
www.dgch.de.

Die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie und ihre Mitgliedsgesellschaften:

Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie (DGG)

Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH)

Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC)

Deutsche Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen
Chirurgen (DGPRÄC)

Deutsche Gesellschaft für Thoraxchirurgie (DGT)

Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG)
Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU)

Deutsche Gesellschaft für Viszeralchirurgie (DGVC)