Mittwoch, Februar 07, 2007

Gentest erkennt tödliche Herzerkrankung junger Menschen - Implantat könnte Leben retten

Berlin/Wiesbaden - Ein Gendefekt auf Chromosom 12 ist häufig Ursache einer
seltenen Herzerkrankung, die für plötzliche Todesfälle vor allem bei
jüngeren Menschen verantwortlich ist. Die Gefahr einer "arrhythmogenen
rechtsventrikulären Kardiomyopathie" (ARVD) ließe sich durch einen Gentest
frühzeitig erkennen - ein elektronisches Implantat könnte das Leben der
Betroffenen retten. Im Rahmen einer Pressekonferenz der Deutschen
Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) in Berlin stellte Professor Dr. med.
Ludwig Thierfelder, der Entdecker des Gendefekts, das Projekt vor.



In internationalen Studien fand der Herzspezialist vom Max-Delbrück-Centrum
für Molekulare Medizin in Berlin heraus, dass etwa ein Viertel aller
Patienten mit ARVD einen Defekt im Gen für das Eiweiß Plakophilin-2 haben.
Es ist Bestandteil der so genannten Glanzstreifen, die im Herzen die
Muskelfasern eng verzahnen. Die Folge des genetischen Fehlers: Die
Verbindungen zwischen den Zellen lockern sich. Langfristig verwandelt sich
Gewebe des Herzmuskels in Binde- und Fettgewebe. Bereits in jungen Jahren
kann es bei den Betroffenen zu lebensgefährlichen Herzrhythmusstörungen
kommen. Oft bleiben diese lange unbemerkt, können aber jederzeit einen
plötzlichen Herztod auslösen. Menschen mit ARVD haben eine niedrige
Lebenserwartung - bei manchen Gendefekten liegt sie unter 40 Jahren.



Der in der Forschergruppe von Professor Thierfelder entwickelte Gentest kann
dieses Schicksal abwenden. "Denn wenn wir diese Menschen ausfindig gemacht
haben, ist ihnen mit einem implantierbaren Kardioverter wirksam zu helfen",
sagt der Mediziner. Der Defibrillator (ICD) oder auch "Defi" ist kaum größer
als ein Herzschrittmacher. Herznah eingepflanzt erkennt er automatisch das
tödliche Herzstolpern. Das Gerät gibt dann sofort einen Stromstoß ab, der
dem Herzen einen Neustart im gewohnten Rhythmus ermöglicht.



"Unsere zusammen mit anderen deutschen, amerikanischen und kanadischen
Forschern gewonnenen Erfahrungen zeigen, dass die Implantation eines ICD bei
diesen Menschen sehr sinnvoll ist", erläutert Professor Thierfelder. Der
Kardiologe begann deshalb auch in Deutschland gezielt nach diesen Patienten
zu suchen. Hinweise können häufiges Herzrasen, ein bereits erlittener
Herzstillstand oder ähnliche Fälle in der Familie sein. Die Patienten haben
meist auffällige Befunde im Echokardiogramm oder dem Elektrokardiogramm, der
von jedem Arzt leicht anzufertigenden Herzstromkurve. Der Gentest kann bei
der Diagnose einer ARVD der entscheidende Baustein sein. Etwas mehr als die
Hälfte der ARVD-Genträger erkrankt. "Ist der Gendefekt rechtzeitig erkannt,
könnte diesen Menschen die Implantation eines Defi das Leben retten", sagt
Professor Thierfelder. Auf der 113. Jahrestagung der DGIM in Wiesbaden
referiert er in diesem Zusammenhang über eines der Hauptthemen des
Kongresses: Molekulare Medizin.





TERMINHINWEIS:



113. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin

Termin: 14. bis 18. April 2007

Ort: Rhein-Main-Hallen, Wiesbaden